Unternehmensbewertung leicht gemacht: Eine einfache Anleitung für KMU-Käufer, um eine erste Einschätzung zu erhalten

Wenn Sie über einen Unternehmenskauf nachdenken, so ist der Unternehmenswert, beziehungsweise der Verkaufspreis des Unternehmens, einer der wichtigsten Entscheidungsfaktoren. Das Problem dabei ist, dass eine präzise Unternehmensbewertung eine sehr komplizierte Angelegenheit ist und fundierte buchhalterische Fähigkeiten voraussetzt.

Unternehmensbewertung leicht gemacht: Eine einfache Anleitung für KMU-Käufer, um eine erste Einschätzung zu erhalten

Unternehmensbewertung leicht gemacht: Eine einfache Anleitung für KMU-Käufer, um eine erste Einschätzung zu erhalten

Dienstag, 24. September 2024 ein Beitrag von Juan Pedro Schmid

Dienstag, 24. September 2024 ein Beitrag von Juan Pedro Schmid

Deshalb raten wir sowohl Verkäufern als auch Käufern vor Abschluss einer Transaktion professionelle Hilfe beizuziehen.

Wenn Sie auf der Suche nach einem Unternehmen sind, ist es wichtig, selber eine erste Einschätzung machen zu können, ob der Verkaufspreis angemessen ist oder nicht. Spätestens wenn Sie eine Verkaufsdokumentation für ein Unternehmen bekommen haben, müssen Sie entscheiden, ob sie das Angebet / den Verkaufsprozess weiterverfolgen möchten.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie mit der Multiplikatorenmethode den Wert eines KMU einfach und verständlich einschätzen können. Dabei geht es nicht darum, eine professionelle Bewertung machen zu können, sondern ein Gefühl zu entwickeln, was ein Unternehmen Wert sein könnte.

1. Warum ist Unternehmensbewertung wichtig?

Die Unternehmensbewertung ist ein kritischer Aspekt des Kaufprozesses. Doch warum ist es so wichtig, den Wert eines Unternehmens zu kennen?

  1. Fundierte Entscheidungen treffen: Der Kauf einer existierenden Unternehmung ist ein schneller Weg in die Selbständigkeit. Ausserdem hat es sich gezeigt, dass ein Unternehmen zu kaufen viele Vorteile hat gegenüber einer Neugründung. Jedoch ist ein Kauf nicht ohne Risiken, z.B., dass zu viel bezahlt wird. Um dieses Risiko zu minimieren, ist eine genaue Vorstellung vom Wert der Firma unerlässlich.
  2. Verhandlungsmacht: Mit einem fundierten Verständnis des Unternehmenswerts können Sie in Verhandlungen mit Verkäufern oder Investoren selbstbewusster auftreten. Sie sind besser gerüstet, um faire Preise auszuhandeln und mögliche Risiken zu minimieren.
  3. Finanzierungssicherheit: Banken und andere Kreditgeber benötigen oft eine Unternehmensbewertung, um die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens zu beurteilen. Eine genaue Bewertung kann den Finanzierungsprozess erleichtern.

In den folgenden Abschnitten werden wir uns genauer mit der Multiplikatorenmethode befassen, einer einfachen und dennoch effektiven Methode zur Unternehmensbewertung, die auch für Nicht-Experten zugänglich ist.

2. Übersicht: Häufigste Methoden zur Unternehmensbewertung

siehe auch Blog Unternehmen bewerten – was es zu beachten gibt.

2.1. Ertragswertmethode, Discounted Cashflow (DCF):

  • Bewertet das Unternehmen basierend auf erwarteten zukünftigen Finanzströmen (Gewinn oder Cashflows). Dabei wird der der Zeitwert des Geldes berücksichtigt.
  • Ist präziseste Methode, erfordert aber detaillierte Finanzprognosen und Annahmen.

2.2. Substanzwertmethode:

  • Bewertet das Unternehmen basierend auf dem Wert seiner Vermögenswerte.
  • Kann nützlich sein für Unternehmen mit vielen materiellen Vermögenswerten.
  • Berücksichtigt nicht die potenziellen zukünftigen Cashflows des Unternehmens.

2.3. Multiplikatorenmethode (Marktwertmethode):

  • Einfache Methode, die auf Multiplikatoren wie Umsatz oder Gewinn basiert.
  • Gut geeignet zur Plausibilisierung von Unternehmensbewertungen.
  • Verständlich und intuitiv, auch für Leute ohne Buchhaltungshintergrund.

2.4. Vergleichsmethoden:

  • Vergleicht das zu bewertende Unternehmen mit ähnlichen Unternehmen in der Branche.
  • Berücksichtigt Vergleichsdaten wie Umsatz, Gewinn und Wachstumsaussichten.
  • Erfordert umfangreiche Marktforschung und Datenanalyse.

Welche Methode zur Unternehmenswertberechnung die richtige ist, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Branche der Firma, die Sie kaufen wollen. Oft werden auch Methoden kombiniert um ein umfassenderes Bild zu bekommen.

3. Die Multiplikatorenmethode

Die Multiplikatorenmethode ist eine gute Methode, um eine Vorstellung eines Unternehmenswerts zu erhalten oder eine Einschätzung zu machen, ob der Wert plausibel ist (macht der Verkaufspreis Sinn?). Anstatt sich in komplizierte finanzielle Analysen zu vertiefen, verwendet diese Methode Multiplikatoren, um den Wert eines Unternehmens zu ermitteln.

4. Vorgehensweise

4.1. Wahl Multiplikator:

Zuerst wird ein geeigneter Multiplikator gewählt, basierend auf ähnlichen Unternehmen (Branche, Unternehmensgrösse und anderen relevanten Faktoren wie die Anzahl Mitarbeiter, Abhängigkeit von Lieferanten, etc.). Typische Multiplikatoren umfassen das Verhältnis von Unternehmenswert zu Umsatz, Gewinn oder EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation). Dabei bevorzugen wir Gewinn-Multiplikatoren, da die Resultate einfach interpretiert werden können (der Multiplikator gibt an, wie viele Jahre wir den gleichen Gewinn erreichen müssen, um den Verkaufspreis zu bezahlen). Ausserdem raten wir dazu EBITDA zu verwenden, da dieser weniger von Verzerrungen beeinflusst wird und somit besser vergleichbar ist.

4.2. Sammeln Finanzdaten:

Um den Multiplikator anzuwenden, benötigen Sie aktuelle Finanzinformationen des Unternehmens aus dem Jahresabschluss (Diese sollten auch in der Verkaufsdokumentation enthalten sein).

Wichtig zu wissen: Die Finanzdaten/ Jahresabschlüsse von KMUs in der Schweiz sind auf steuerliche Optimierung ausgerichtet, damit die Werte sinnvoll und vergleichbar werden, müssen sie um einmalige, nicht-betriebsnotwendige oder private Aufwände bereinigt werden. Nur so ist sichergestellt, dass die Bewertungsbasis die effektive betriebswirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens abbildet und der berechnete Wert aussagekräftig ist.

4.3. Berechnung des Unternehmenswerts:

Den geschätzten Unternehmenswert erhält man durch das Multiplizieren des Multiplikators mit der entsprechenden Finanzkennzahl (EBTDA).

Unternehmenswert = EBITDA * Multiplikator.

Als Käufer ist der Verkaufspreis gegeben. Wenn Sie nun den Unternehmenswert durch EBITDA teilen, zeigt Ihnen der Multiplikator wie lange es gehen würde, um den Verkaufspreis durch den Gewinn zu amortisieren.

Unternehmenswert/ EBITDA = Multiplikator

Verkaufspreis/ EBITDA = Jahre zur Amortisation

Diese Interpretation ist sehr wichtig und auch intuitiv. Wenn der Verkaufspreis so ist, dass es sehr lange geht, bis Sie die Investition abbezahlen können, ist der Preis vielleicht zu hoch. Ausserdem haben Sie nun eine Kennzahl mit der Sie verschiedene Unternehmen vergleichen können.

5. Beispielhafte Bewertungen zur Veranschaulichung

5.1. Kleine AG, Verkaufspreis CHF 600'000 bei CHF 100'000 EBITDA

Nehmen Sie an, Sie interessieren sich für ein Unternehmen mit einem Verkaufspreis von CHF 600'000. Sie kontaktieren den Besitzer und bekommen die Verkaufsdokumentation, inklusive Finanzberichte.

Aus der Erfolgsrechnung des Unternehmens, sehen Sie, dass das Unternehmen in den letzten 5 Jahren einen durchschnittlichen EBITDA von CHF 100’000 erzielt hat.

Wenn Sie den Verkaufspreis durch den EBITDA dividieren, bekommen Sie einen Multiplikator von 6.

600’000 (Verkaufspreis) / (EBITDA) 100’000 = 6 (Multiplikator)

Interpretation: Der Multiplikator gibt nun an, dass es 6 Jahre gehen würde, um den Verkaufspreis durch den Nettogewinn zu amortisieren. Ob dieser Preis hoch oder tief ist, hängt stark von der Unternehmung ab. Ein sehr wichtiger Faktor dabei ist das Risiko, bzw. wie stabil diese Gewinne sind. Umso weniger diese schwanken, umso höher kann der Multiplikator sein. Erfahrungsgemäss sollte dieser Wert bei kleineren Unternehmen im Bereich 2-6 sein, diese Unternehmung wäre also am oberen Ende und die Verhandlungen sollten sich anfangs darauf konzentrieren, zu klären, ob der Multiplikator, bzw. Preis gerechtfertigt ist.

5.2. Einzelunternehmen, Verkaufspreis CHF 600'000 bei CHF 100'000 EBITDA

Bei Einzelunternehmungen ergibt sich eine zusätzliche Komplikation, da der Gewinn und Eigentümerlohn zusammenfallen. Der Wert einer Unternehmung wird aber besonders durch den Gewinn bestimmt, denn einen Lohn würde man auch bei einer Anstellung bekommen. Um die Multiplikatorenmethode anzuwenden, sollte man deshalb vorher die Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit in Lohn und EBITDA trennen.

Annahme: Ein:e Geschäftsführer:in in dieser Branche würde jährlich CHF 60'000 verdienen. In diesem Fall würden wir vom EBITDA den Lohn abziehen (inklusive 20% für Sozialabzüge), so dass ein neuer Nettogewinn von CHF 28'000 resultiert.

CHF 100'000 – CHF 72'000 (CHF 60'000 Lohn Geschäftsführer + CHF 12’000 Sozialabzüge) = CHF 28’000

Interpretation: In diesem Fall wäre der Verkaufspreis also viel zu hoch. Neben dem Lohn, den Sie sich oder einer anderen Person, die als Geschäftsführer:in arbeiten würde bezahlen sollten, verdient das Unternehmen nur CHF 28'000, es ginge also über 20 Jahre um diese Investition zu amortisieren.

6. Faktoren, die den Wert beeinflussen

Die Beispiele hier sind natürlich stark vereinfacht und in der Realität müssen auch andere Faktoren berücksichtigt werden:

Bereinigungen: Die Erfolgsrechnung muss bereinigt werden, um Sonderfaktoren und Verzerrungen, insbesondere persönliche Bezüge, Stille Reserven, etc., zu korrigieren.

Wachstumsaussichten: Unternehmen mit starkem Wachstum können höhere Bewertungen erzielen. Ausserdem kann es sein, dass solche Unternehmen hohe Investitionen tätigen, die in Zukunft in höheren Gewinnen resultieren werden.

Risiken: Je riskanter das Geschäft, desto tiefer der Wert.

Marktlage: Die wirtschaftliche Situation kann den Wert beeinflussen.

7. Zusammenfassung: Vor- und Nachteile bei der Verwendung der Multiplikatorenmethode

Vorteile:

  • Einfachheit und Zugänglichkeit für Nicht-Experten.
  • Schnelle Einschätzung ermöglicht eine schnelle Entscheidungsfindung.
  • Berücksichtigung des Marktumfelds durch branchenspezifische Multiplikatoren.

Nachteile:

  • Vereinfachte Annahmen können zu ungenauen Ergebnissen führen.
  • Begrenzte Anpassungsfähigkeit an spezifische Unternehmensmerkmale.
  • Nicht immer die genaueste Methode für komplexe Geschäftsszenarien.

8. Fazit

Die Multiplikatorenmethode bietet eine einfache und zugängliche Möglichkeit, den Wert eines KMU zu beurteilen. Indem Sie die Grundprinzipien dieser Methode verstehen und anwenden, können Sie fundierte Entscheidungen im Kaufprozess treffen und potenzielle Chancen und Risiken besser einschätzen. Denken Sie daran, dass die Bewertung eines Unternehmens eine komplexe Angelegenheit ist. Wir empfehlen vor Abschluss professionelle Beratung beizuziehen.

Dieser Artikel wurde zuletzt am Dienstag, 24. September 2024 überarbeitet.
Die Erstpublikation erfolgte am Montag, 18. März 2024.

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Autor Juan Pedro Schmid

Autor Juan Pedro Schmid

Geschäftsführer nachfolgeportal.ch

Nach einem Lizenziat und Doktorat in Wirtschaftswissenschaften hat Juan Pedro lange als Ökonom im Ausland gearbeitet (USA, Jamaika und Spanien).

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