Übergangsphase – Worauf es bei der Einarbeitung und Übergabe einer Unternehmung aus Käufersicht ankommt
Ein Firmenkauf ist erst der Anfang. Die eigentliche Bewährungsprobe folgt in der Übergangsphase: Jetzt gilt es, Wissen zu sichern, Vertrauen zu schaffen und den Grundstein für die künftige Führung zu legen. Wer hier klug vorgeht, entscheidet über den langfristigen Erfolg.

Übergangsphase – Worauf es bei der Einarbeitung und Übergabe einer Unternehmung aus Käufersicht ankommt
Freitag, 22. August 2025 ein Beitrag von Nachfolgeportal
Freitag, 22. August 2025 ein Beitrag von Nachfolgeportal
1. Einleitung
Der Kauf eines Unternehmens ist ein bedeutender Schritt – sowohl finanziell als auch strategisch. Doch mit der Vertragsunterzeichnung ist die Arbeit längst nicht getan. Eine der entscheidenden Phasen folgt danach: die Übergangs– und Einarbeitungsphase. In dieser Zeit entscheidet sich, ob die Unternehmensnachfolge reibungslos verläuft oder ob das Geschäft durch vermeidbare Fehler ins Stocken gerät.
Aus Sicht des Käufers ist diese Phase besonders sensibel. Es gilt, das bestehende Wissen zu übernehmen, Vertrauen bei Mitarbeitenden und Kunden aufzubauen und gleichzeitig erste Impulse für die Zukunft zu setzen.
Was viele unterschätzen: Die wahre Veränderung beginnt erst nach der Unterschrift. Nicht selten erleben neue Inhaber diese Zeit als einen Moment der Leere – nicht, weil etwas schiefläuft, sondern weil sich die neue Verantwortung anders anfühlt, als gedacht. Plötzlich sitzt man allein am Steuer. Mitarbeitende schauen auf einen, Kunden erwarten Stabilität, und im Inneren wächst der Wunsch, eigene Akzente zu setzen.
In diesem Artikel beleuchten wir, worauf Käufer bei der Übergabe achten sollten, welche Fragen sie frühzeitig klären müssen und wie sie diese sensible Phase aktiv gestalten können – strukturiert, menschlich und mit einem klaren Fokus auf Führung.
2. Die Übergangsphase verstehen: Mehr als nur ein Handschlag
Die Übergabe eines Unternehmens ist kein einmaliger Akt, sondern ein Prozess, der einige Wochen bis hin zu mehreren Monaten umfasst. Je nach Grösse, Branche und Komplexität des Unternehmens kann die Übergangsphase sehr unterschiedlich ausfallen und gestaltet werden.
Wichtige Ziele dieser Phase:
- Know–how–Transfer vom Verkäufer zum Käufer
- Sicherung des Betriebs und der Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und Mitarbeitenden
- Schaffung von Vertrauen in die neue Führung
- Erarbeitung eines fundierten Verständnisses der Unternehmenskultur
Ein strukturierter Übergabeplan hilft, diesen Prozess effizient zu gestalten. Idealerweise wird dieser Plan rechtzeitig mit dem Verkäufer besprochen und allenfalls schriftlich festgehalten.
Doch Struktur allein reicht nicht – was zusätzlich gefragt ist, ist innere Klarheit. Denn die eigene Rolle verändert sich fundamental: vom Entscheider im System zum Gestalter eines neuen Kapitels.
3. Wissenstransfer organisieren: Dokumentieren, lernen, hinterfragen
Eine der grössten Herausforderungen liegt im impliziten Wissen des Verkäufers – also dem Know–how, das nicht in Handbüchern oder Prozessdokumentationen steht, sondern sich über Jahre durch Erfahrung angesammelt hat.
Folgende Punkte sollten systematisch behandelt werden:
- Kunden– und Lieferantenbeziehungen: Wer sind die wichtigsten Ansprechpartner? Gibt es mündliche Abmachungen oder besondere Gepflogenheiten?
- Interne Prozesse: Wie laufen Arbeitsabläufe wirklich ab, jenseits von Organigrammen?
- Finanzielle Routinen: Welche Buchhaltungspraktiken und Auswertungen sind intern üblich und vorhanden?
- Mitarbeiterstruktur: Welche Rollen sind informell gewachsen? Wer geniesst besonderes Vertrauen?
Neben der Dokumentation braucht es vor allem den Dialog. Gespräche mit Schlüsselpersonen, gezieltes Beobachten und ein aktives Zuhören helfen, verborgene Zusammenhänge zu erkennen. Wichtig: nicht nur Prozesse verstehen, sondern auch alle Informationen schriftlich festhalten, um spätere Missverständnisse zu vermeiden.
Stell dir die Frage: Wie viel vom Bestehenden will ich wirklich übernehmen? Und wo beginnt meine eigene Führung?
4. Mitarbeitende und Kunden einbinden: Kommunikation ist Schlüssel
Nach dem Kauf eines Unternehmens herrscht oft Unsicherheit – sowohl bei den Mitarbeitenden als auch bei langjährigen Kunden. Transparente, empathische Kommunikation ist deshalb essenziell.
Mitarbeitende:
- Frühzeitig informieren, idealerweise gemeinsam mit dem Verkäufer
- Perspektiven aufzeigen: Was bleibt, was verändert sich?
- Gespräche mit Schlüsselpersonen führen und Ängste ernst nehmen
- Vertrauen aufbauen, nicht sofort "aufräumen"
Kunden:
- Persönliche Vorstellung des Käufers bei wichtigen Kunden (sofern möglich)
- Kontinuität betonen: "Es bleibt alles wie gewohnt"
- Bestehende Verträge und Leistungen sorgfältig prüfen und fortführen
Die Mitarbeitenden sind das Rückgrat eines Unternehmens – wer sie verliert, verliert oft auch Know–how, Kundenbeziehungen und Innovationskraft. Und gerade in dieser Phase stellt sich die Frage: Wie kommuniziere ich meine Vorstellungen, ohne das Team zu überfahren?
Auch Kunden schätzen Stabilität und Verlässlichkeit – hier entscheidet der erste Eindruck.
5. Vom Tagesgeschäft zur strategischen Führung: Nicht zu früh eingreifen
Viele Käufer wollen nach der Übernahme möglichst schnell eigene Ideen umsetzen. Der Wunsch ist verständlich – doch vorschnelle Entscheidungen können unter Umständen mehr schaden als nützen. Die erste Phase sollte vor allem dem Beobachten und Verstehen dienen.
Empfehlenswert ist ein 3–Phasen–Modell:
- Beobachten (0–3 Monate): Prozesse, Mitarbeitende und Kunden kennenlernen. Der Vertrauensaufbau steht im Zentrum.
- Reflektieren (3–6 Monate): Erste Schwachstellen und Potenziale analysieren, Strategien entwickeln.
- Gestalten (ab 6 Monate): Veränderungen schrittweise einführen und die Führung übernehmen.
Ein zu früher Eingriff in bestehende Strukturen kann Widerstand hervorrufen oder funktionierende Prozesse gefährden. Wer langfristig erfolgreich sein will, sollte zuerst Respekt vor der bisherigen Unternehmenskultur zeigen.
Zwischen Tagesgeschäft und Strategie entsteht oft ein Spannungsfeld. Viele neue Inhaber berichten, wie schwer es fällt, strategisch zu denken, wenn operative Fragen den Takt vorgeben. Hier braucht es Klarheit: Wo setze ich Prioritäten? Welche Erwartungen sind realistisch – und welche überzogen?
Auch persönliche Grenzen sind ein Thema: Nicht alles muss sofort entschieden werden. Führung beginnt mit Selbstführung.
6. Fazit: Übergabe als Erfolgsschlüssel
Die Übergabephase ist für den nachhaltigen Erfolg einer Firmenübernahme entscheidend. Sie ist kein "nice–to–have", sondern ein strategischer Erfolgsfaktor, der mit Bedacht geplant und professionell durchgeführt werden muss. Käufer sollten diesen Zeitraum als Gelegenheit begreifen, das Unternehmen tiefgehend zu verstehen, Vertrauen aufzubauen und sich als neue Führungskraft zu etablieren – ohne die Substanz der Firma zu gefährden.
Ein strukturierter Übergabeprozess, klare Kommunikation und ein respektvoller Umgang mit Mitarbeitenden und Kunden schaffen die Basis für einen erfolgreichen Neustart.
Buchempfehlung:
7. Häufige Fragen und Antworten
Wie lange sollte die Übergabephase dauern?
Je nach Komplexität 1 bis 6 Monate. Bei kleinen Unternehmen reichen oft wenige Wochen, grössere KMU benötigen deutlich mehr Zeit.
Soll der Verkäufer nach der Übergabe noch mitarbeiten?
Oft ist eine begleitende Übergabe sinnvoll. Ein befristetes (Beratungs–)Mandat (z. B. 20 % für 3 Monate) kann helfen, Fragen schnell zu klären.
Wie kann ich als Käufer Vertrauen bei Mitarbeitenden aufbauen?
Durch Präsenz, offene Kommunikation, Zuhören und das Ernstnehmen ihrer Anliegen. Nicht durch sofortige Veränderungen.
Was tun, wenn wichtige Mitarbeitende nach der Übergabe kündigen?
Frühzeitige Gespräche, Wertschätzung und ggf. Incentives helfen, Schlüsselpersonen zu halten. Kündigungen müssen analysiert und aufgearbeitet werden.
Wie lassen sich informelle Prozesse erfassen?
Durch Gespräche mit dem Verkäufer und Mitarbeitenden, aktive Teilnahme am Tagesgeschäft und gezielte Beobachtung.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für strategische Veränderungen?
Erst nach der Orientierungsphase – frühestens nach 3–6 Monaten. Vorher sollte das bestehende Geschäft genau verstanden werden.
Was passiert, wenn der Verkäufer nach der Übergabe nicht mehr erreichbar ist?
Ein gut dokumentierter Übergabeplan hilft. Falls notwendig, kann eine zusätzliche Beratungsvereinbarung abgeschlossen werden.
Sollten Kunden aktiv über den Eigentümerwechsel informiert werden?
Im Normalfall Ja, wie genau ist jedoch im Einzelfall zu prüfen – bei wichtigen Kunden idealerweise persönlich, ansonsten durch ein Anschreiben, das Kontinuität und Stabilität betont.
Was gehört in einen Übergabeplan?
Kontaktlisten, Ablaufbeschreibungen, Zugriffsrechte, Vertragsübersichten, Zuständigkeiten, offene Pendenzen, etc.
Kann eine Übergabephase auch scheitern?
Ja – etwa durch mangelhafte Vorbereitung, fehlende Kommunikation oder fehlendes Vertrauen. Ein strukturierter Prozess reduziert das Risiko deutlich.
Mit wem kann ich als Käufer über strategische und persönliche Fragen sprechen?
Nach der Übergabe ist der Austausch mit anderen Unternehmern oder Nachfolgern besonders wertvoll – etwa in Netzwerken, Peer–Gruppen oder vertraulichen Mentoring–Formaten.
Wo finde ich Sparringspartner, die meine neue Rolle verstehen?
Unternehmernetzwerke, Nachfolgeprogramme oder exklusive Mastermind–Gruppen bieten oft genau den Resonanzraum, den viele neue Eigentümer suchen.
Wie gehe ich mit innerer Unsicherheit in der neuen Rolle um?
Reflexion, Austausch mit Gleichgesinnten und ggf. Coaching helfen, das eigene Führungsverständnis zu schärfen und Klarheit zu gewinnen.